Gemeinderatssitzung am 31.01.22 – Haushaltsrede von Claudia Stauffer

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Haushaltsrede Claudia Stauffer im GR am 31.01.22

Haushaltsrede von Claudia Stauffer, Fraktionsmitglied der Freien Wähler

Keine entspannte Haushaltslage – Gemeinde nie mehr schuldenfrei

In seiner diesjährigen Neujahrsansprache bilanziert der Bürgermeister den Haushalt als „einigermaßen solide Gemeindefinanzen“, wie im Vorjahr. Ob er Recht hat? Dieses Jahr sprechen die Kämmerer jedenfalls nicht mehr von einer „Wundertüte mit Überraschungen“ und einem „Blindflug“. Die Kämmerer sprechen von einer „seit 2020 wieder verbesserten finanziellen Handlungsfähigkeit“. Und sie mahnen wachsam zu sein, um diese finanzielle Handlungsfähigkeit auf lange Sicht aufrecht zu erhalten.

Das wichtigste vorab: Dieses Jahr ist geprägt durch die Fertigstellung von Großprojekten, die zu hohen Auszahlungen führen. Es wird deshalb Liquiditätsengpässe geben, aber nur bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der hohe Verkaufserlös von über 14 Mio € für das Bebauungsgebiet Schrankenbuckel in die Kassen fließt. Nach Zahlung des Verkaufserlöses am Ende des Haushaltsjahrs wird trotzdem mit einem Schuldenstand von 5,3 Mio € zu rechnen sein. Auf diesem Niveau wird sich der Schuldenstand einpendeln, Brühl wird nie mehr schuldenfreie Gemeinde sein! Und ein großes Areal an Grundstücken, das Schrankenbuckel-Areal, ist verhökert.

Schauen wir uns den ERGEBNISHAUSHALT an:

Man könnte die Meinung vertreten, wie es der Bürgermeister tut, die Haushaltslage sei entspannt, weil der Gesamt-Ergebnishaushalt wegen des Verkaufserlöses, der mit 13,5 Mio € als außerordentliches Ergebnis zu Buche schlägt, insgesamt positiv dasteht. Tatsache ist jedoch, dass es seit 2018 der Gemeinde nicht mehr gelungen ist, einen Haushaltsplan mit einem ausgeglichenen ordentlichen Ergebnishaushalt aufzustellen. Mit einem  Minusbetrag von 1,215 Mio € ist die Differenz zwischen Erträgen und Aufwendungen jedoch deutlich geringer als im Vorjahr. Doch gilt die Mahnung der Kämmerer nach wie vor: Ein „gesunder“ Ergebnishaushalt sollte einen Überschuss erwirtschaften, der dann zur Finanzierung von Investitionen zur Verfügung steht. Das wird auch im Jahr 2022 wieder nicht gelingen.

Erfreulich ist, dass die Erträge gegenüber dem Vorjahr gemäß Planansatz um 4 Mio € steigen werden, von 33,4 Mio € auf 37,4 Mio €. Die Ertragssteigerung beruht u.a. auf einer deutlichen für die Verwaltung und auch uns Gemeinderäten überraschenden Steigerung der Gewerbesteuer um rund 1 Mio €. Ein weiterer Teil der Ertragssteigerung von knapp rund 1 Mio € beruht auf der Erhöhung von Verwaltungs- und Benutzungsgebühren für öffentliche Einrichtungen, aber auch Miet-, Pacht- und Erbbauzinserhöhungen. Auf einen Großteil der Erträge haben wir keinen Einfluss, wie der Gemeindeanteil an Einkommens- u. Umsatzsteuern, Schlüsselzuweisungen etc. Die Zuweisungen sind zwar in der Summe um 1,6 Mio € gestiegen, doch sind beispielsweise die Schlüsselzuweisungen für die Kinderbetreuungseinrichtungen mit knapp 200 T€ nicht in dem Maß gestiegen wie die Aufwendungen hierfür. Angesichts der steigenden Betriebs- und Personalkosten aufgrund des wachsenden Bedarfs, der mit dem einklagbaren Rechtsanspruch auf Betreuung für alle Kinder ab dem vollendeten 1. Lebensjahr bis zum Schuleintritt zusammenhängt, ist dies nur ärgerlich und müssen sich die Kommunen fühlen, als ob sie im Regen stehen gelassen werden.

Leider wird aber auch mit einer Steigerung der Aufwendungen um ca. 3 Mio € auf 38,6 Mio € gerechnet.

Den größten Posten bei den Aufwendungen nehmen wie jedes Jahr die Transferleistungen ein, die mit knapp 17 Mio € um rd. 1,5 Mio € steigen werden. Dieses Jahr beruht die Steigerung auch auf der gestiegenen Kreisumlage. So hat die Gemeinde aufgrund ihrer gestiegenen Steuerkraft rd. 700 T € mehr an den Kreis zu zahlen, obgleich der Hebesatz weiter abgesenkt worden ist. Doch war im Kreis eine weitere Absenkung der Kreisumlage nicht zu verantworten.

Der zweitgrößte Posten bei den Aufwendungen sind die Personalaufwendungen, die um knapp 1 Mio € auf 10,6 Mio € steigen. Ich erinnere daran, dass der Personalaufwand vor 10 Jahren nur die Hälfte, nur 5,5 Mio € betrug! Sorge macht, dass die Personalaufwendungen auch in den nächsten Jahren wegen des weiteren Ausbaus der Kinderbetreuungseinrichtungen weiter ansteigen werden und dass ein Ende noch immer nicht in Sicht ist, vor allem wenn 2025 der Anspruch auf schulische Ganztagsbetreuung eingeführt wird.

Hinzukommen bei den Aufwendungen die planmäßigen Abschreibungen. Diese steigen 2022 zwar nur geringfügig, werden sich aber mit der Inbetriebnahme des Sportparks Süd in den Folgejahren deutlich erhöhen. Die Verwaltung rechnet beim Sportpark Süd mit künftigen Abschreibungs- und Folgekosten von knapp  900 T €. Da diese Folgekosten nur in Höhe von 100 T€ aus den Einnahmen der Erbpacht für Erbpachtgrundstücke Am Schrankenbuckel gedeckt werden, werden die Aufwendungen in diesem Bereich ab nächstes Jahr um etwa 800 T€ steigen.

Die Schere zwischen Erträgen und Aufwendungen wird also von Jahr zu Jahr schwieriger zu schließen sein, wie im Haushaltsplan richtig zu lesen ist. Ja, auch ich sehe nicht, wie Brühl jemals wieder einen Überschuss erwirtschaften soll. Es gibt ja nur die zwei Stellschrauben: die Erhöhung der Einnahmen und die Reduzierung der Ausgaben.

Denkbar sind nur Ertragssteigerungen bei den gemeindeeigenen Steuern, Gebühren, Miet- u. Erbbauzinsen. In vielen Sitzungen der Haushaltskonsolidierungskommission, in denen unsere Fraktionsvorsitzende Heidi Sennwitz und ich teilgenommen haben, haben wir in den letzten beiden Jahren intensiv geprüft, wie wir weitere Einnahmen der Gemeinde generieren können. Es wurde erhöht, was nur ging und jahrelang nicht erhöht wurde: die Grundsteuer A und B, die Gewerbesteuer, Verwaltungsgebühren, Benutzungsgebühren für sämtliche öffentliche Einrichtungen, angefangen vom Schwimm- und Hallenbad bis zu Kindergarten, Kernzeit und Hort. Unser Dank gilt unseren Bürgerinnen und Bürger und den Gewerbetreibenden, die diese Erhöhungen zu tragen haben. An dieser Stelle wollen wir aber auch den Eltern der KiTa-Kinder danken, dass sie den unausweichlichen Gebührenerhöhungen dieses Jahr wieder zugestimmt haben.

Nach unserer Auffassung ist nun aber der Spielraum für weitere Erhöhungen vorerst einmal ausgeschöpft. Und eines möchte ich an dieser Stelle betonen: Die Freien Wähler werden auf der Suche nach neuen Einnahmequellen einer Verpachtung der Bohrlöcher zum Zwecke einer Geothermieanlage auf keinen Fall zustimmen. Wir sind auch gegen eine Änderung des Brühler Gebührenmodells bei den Kindertageseinrichtungen, selbst wenn der Kostendeckungsgrad weniger als 20 % beträgt. Das Gebührenmodell wurde mühevoll von unserem Fraktionsmitglied Jens Gredel mit entwickelt und hat zu einer sozialgerechteren Belastung der Eltern geführt, bei der es bleiben soll.

Kaum zu drosseln sind die ordentlichen Aufwendungen. Der Bürgermeister räumte letztes Jahr selbst ein, dass die Ausgaben aus dem Ruder laufen und wir einen Apparat von Kosten haben, den man nicht mehr zurückfahren kann. Auf die Transferleistungen hat die Gemeinde keine Einflussmöglichkeit. Hinsichtlich der Personalkosten bleibt nur die Bitte an die Verwaltung und den Gemeinderat, in Zukunft noch stärker auf Stellenmehrungen zu achten und deren Erforderlichkeit zu überprüfen. Und hinsichtlich der Folge- und Abschreibungskosten mahnen wir Freien Wähler angesichts der angespannten Haushaltslage an, nicht ständig weitere Projekte umzusetzen, nur weil es staatliche Zuschüsse oder Förderungen gibt, sondern abzuwägen, ob es sich um freiwillige Leistungen, die nicht zwingend durchgeführt werden müssen, oder unbedingt zu erfüllende Pflichtaufgaben wie Kindergärten, Schulen, Abwasserbeseitigung, Unterhaltung von Straßen u.a. handelt, und an die Folgekosten jedes Bauwerks zu denken. So gehört auch die Vereinsförderung als freiwillige Leistung auf den Prüfstand und stellt sich die Frage, ob sich nicht doch mit einer Fusion aller Sportvereine und Reduktion alter Sportstätten  Aufwendungen in größerem Umfang einsparen lassen.

 

Zum FINANZHAUSHALT

Dieses Jahr werden viele Großprojekte wie Weiterführung des Sportparks Süd, der Verbindungsbau für den Sonnenschein-Kindergarten, die Fassadensanierung der Schillerschule, die eigentlich schon 2021 fertiggestellt werden sollen, zu Ende geführt und zu bezahlen sein. Die Investitionsmaßnahmen werden zu Ausgaben von knapp 11 Mio € führen.

Die Investitionszuwendungen von knapp 3 Mio € und der Erlös aus dem Verkauf des Areals Schrankbuckel von über 14 Mio € führen zu Einzahlungen aus Investitionstätigkeit von über 17 Mio €, was dieses Jahr zu einem erfreulichen Finanzierungsmittelüberschuss aus Investitionstätigkeit von ca. 6,6 Mio € führt. Eine Kreditaufnahme wird deshalb dieses Jahr nicht erforderlich sein. Da es verfügbare Geldanlagen aber nicht mehr gibt, wird die Gemeinde die Mindestliquiditätsgrenze von 622.900 € mit Sicherheit unterschreiten, allerdings nur, bis der Verkaufserlös einkassiert ist. Wie ich letztes Jahr gesagt habe, können wir dieses Jahr endlich aufatmen. Die Gegenfinanzierung vor allem des Sportpark Süd durch den Verkaufserlös sorgt für eine Bereinigung des Haushalts, die aber nur von kurzer Dauer sein wird, wie die Schuldenentwicklung auf S. 27 des Haushaltsplans zeigt. Erfreulich ist, dass wir aufgrund der Zuschüsse, die wir für einzelne Projekte in höherem Ausmaß als erwartet erhalten, nicht mit einem Anstieg der Schulden auf knapp 10 Mio €, sondern mit einem Schuldenstand von „nur“ 5,5 Mio € rechnen müssen. Schon letztes Jahr hat der Bürgermeister wörtlich zugegeben: „Brühl wird niemals mehr schuldenfreie Gemeinde sein.“ In aller Konsequenz bedeutet das für die Zukunft: Die Gemeinde wird von ihrer Substanz leben!

Der im Haushaltsplan ausgewiesene Schuldenstand für die kommenden Jahren ermöglicht Brühl keine Extras, keine „Nice-to-have- Projekte“ mehr. Wir Freien Wähler werden angesichts des fortdauernden Schuldenstands der Gemeinde jede anstehende Investitionsmaßnahme kritisch auf ihre Notwendigkeit und Finanzierbarkeit prüfen. Zugleich wird es immer unser großes Bestreben sein, bei jeder Entscheidung vorrangig das Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger zu sehen.

 

Die Freien Wähler bedanken sich abschließend bei Herrn Zorn und Herrn Willemsen stellvertretend für die Kämmerei und allen Damen und Herren der Verwaltung, die an der Erstellung des Haushaltsplans mitgewirkt haben. Der Haushaltsplan ist nachvollziehbar und findet unsere Zustimmung, obgleich wir im Ergebnis nicht wie es der Bürgermeister in seiner Neujahrsansprache tat von „einigermaßen soliden Gemeindefinanzen“ sprechen wollen.

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